„The Fairy Queen“ in Stuttgart: Lachen, lieben, leben

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Die Semi-Oper „The Fairy Queen” gastiert in Stuttgart und ist eine schillernde Inszenierung voller Glück, Leid und Musik.

Komik statt Blut. „The Fairy Queen“ in Stuttgart

Nie zuvor habe ich in meinem Leben eine „Semi“-Oper besucht. Aber viel gehört habe ich über die Komposition aus schauspielerischen Inszenierungen, Chören, Musik, Tänzen und Gesängen. In Stuttgart finden all diese Elemente in der Semi-Oper „The Fairy Queen“ zusammen. Calixto Bieito heißt der bekannte Mann, der sich dem Stück annimmt und für seine drastische Bildsprache bekannt ist. Ein Katalane und Shakespeare? Funktioniert das zusammen? Ich schaue mir die Oper an – und staune!

„Eine bezaubernde Nacht schenkt mehr Seligkeit als hundert glückliche Tage“, ist die erste Message, die mir ins Auge fällt, und sie steht am Fuße des Orchesterpodests geschrieben. Und wie wahr sie manchmal doch ist, zeigt die Inszenierung, die auf Shakespeare beruht, einmal mehr. Ein berauschendes Hochzeitsfest soll uns hier erwarten.

Tatsächlich finde ich jedoch weder ein schillerndes Fest, noch einen roten Faden vor. Es rauschen lediglich Bilder an mir vorbei, mal skurril, mal surreal und sehnsüchtig. Die Quintessenz: Jeder liebt jeden, aber niemand bekommt gerade den, den er liebt. So streitet sich das verkrachte Ehepaar Titania und Oberon um einen Lustknaben, zwei Männer nähern sich in Damenkleidern einander an und der Chor isst Flutschfinger-Eis. Eine sehr eigenwillige und bildgewaltige Inszenierung!

Eine Besonderheit bei "The Fairy Queen" in Stauttgart: Es wird deutsch gesprochen, aber englisch gesungen. Die Muikalische Leitung hat Christian Curnyn.

Eine Besonderheit bei „The Fairy Queen“ in Stauttgart: Es wird deutsch gesprochen, aber englisch gesungen. Die Muikalische Leitung hat Christian Curnyn.

Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt: „The Fairy Queen“ am Staatstheater Stuttgart

Von allen Akteuren sticht Christian Curnyn besonders hervor. Er leitet das Orchester an diesem Abend und sorgt für die richtigen Zwischentöne. Mark Milhofer fällt mir in dem Gesangsensemble besonders auf – er schafft in meinen Augen die musikalischen Höhepunkte der Inszenierung – so zum Beispiel das wundervolle Duett zwischen Coridon und Mopsa. Grundsätzlich kommt hier nichts zum Tragen, was ich von anderen Werken gewohnt bin. Der Liebesmediziner Puck entpuppt sich jedoch sehr schnell als meine Lieblingsfigur: Er sprüht vor Leben und glänzt durch inspirierende Verse und innovative Einfälle.

Nichts ist nicht erlaubt in „The Fairy Queen“ in Stuttgart

Hier ist wirklich alles möglich. Ich sehe an dem Abend ein rosafarbenes Kaninchen, bekomme, wie die anderen Gäste in der ersten Reihe, Bananen angeboten und erblicke mehr als einen nackten Hintern. Die vier Jahreszeiten ziehen auch an uns vorbei und getanzt wird unter anderem in bester Work-out-Manier. Warum auch nicht? Das Leben muss ja schließlich nicht immer Sinn ergeben. Ich habe den meinen jedenfalls ab und an auch mal gesucht. Die enthemmte Hochzeitsfeier endet jedenfalls in einer die Sinne vernebelnden, triebhaften Nacht mit viel Glanz und Glorie, aber auch voller Kummer, Leid, Eifersucht und Elend – so facettenreich wie die Liebe eben.

Die Queen of Secresie wird in "The Fairy Queen" von einem Mann gespielt. An ihrer Seite sieht man eine weitere Figur aus dem Ensemble: Demetrius.

Die Queen of Secresie wird in „The Fairy Queen“ von einem Mann gespielt. An ihrer Seite sieht man eine weitere Figur aus dem Ensemble: Demetrius.

The Fairy Queen in Stuttgart: Im Sog des Wahrhaftigen

Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht ist, in der Handlung einen Sinn zu erkennen, sofern man das entsprechende Werk von Shakespeare nicht gelesen hat. Auch die Musik trägt wenig dazu bei, im Dickicht der Liebe nicht vom Weg abzukommen. Aber ein „vom Weg abkommen“ ist gewollt, der Sog der Bilder soll uns Zuschauer mitreißen und inspirieren.

Am Schluss weiß ich – wie vermutlich so viele andere auch – immer noch nicht, was mir diese Inszenierung eigentlich sagen will. Die Bilderwelt in „The Fairy Queen“ entzieht sich jeglicher rationalen Logik – und ist damit, in meinen Augen, unreif und ausgereift zugleich. Nicht alles verläuft im Leben nach Plan – erst recht nicht, wenn es um die Liebe und Sexualität des Menschen geht. Vielleicht versucht Bieito, uns genau das zu sagen.


Bildnachweis: www.schauspiel-stuttgart.de ©Julian Röder

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